Wohngipfel: Bundesregierung will mit 14-Punkte-Plan der Bau- und Immobilienkrise entgegentreten

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Am 25. September 2023 lud der Bundeskanzler Vertreter des „Bündnisses bezahlbarer Wohnraum“ zu einem strategischen Gipfeltreffen ein. In diesem Rahmen stellte die Bundesregierung ein Paket mit 14 Maßnahmen vor, um den Bau- und Immobilienmarkt zu aktivieren und zu unterstützen.

Das Treffen markierte den zweiten „Bündnis-Tag“, der im Bundeskanzleramt stattfand. Es diente als Plattform, um die Fortschritte des Bündnisses zu bewerten und aktuelle Herausforderungen im Kontext bezahlbaren und klimafreundlichen Wohnungsbaus zu erörtern. Entsprechend der Ergebnisse dieser Diskussionen beschloss die Bundesregierung, zusätzliche Investitionen im Wohnungsbau zu tätigen und die wirtschaftliche Stabilisierung der Bau- und Immobilienbranche zu sichern.

Klara Geywitz, Bundesministerin für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen, betonte die Bedeutung des vorgestellten Maßnahmenpakets. Ihr Ziel: Die Investitionen im Wohnungsbau ankurbeln, die Branche stabilisieren und den Bau von bezahlbaren, umweltfreundlichen und barrierearmen Wohnungen fördern. 

Es folgen die Details zu den geplanten 14 Maßnahmen dieses ambitionierten Pakets:

1. Kein EH 40 Neubau-Standard und angepasste Sanierungsstrategien

Die Reduzierung von Treibhausgas-Emissionen im Gebäudebereich steht im Vordergrund des Klimaschutzes und soll die steigenden Kosten fossiler Energieträger verhindern. Seit Anfang 2023 gilt EH 55 als Standard für den Primärenergiebedarf von Neubauten. Zudem sorgt das Gebäudeenergiegesetz (GEG) dafür, dass Neubauten ab 2024 klimaneutral heizen.

Hohe Bauzinsen und Baukosten führen dazu, dass der EH 40 Standard in der aktuellen Legislaturperiode nicht als Pflicht eingeführt wird.

In den Gesprächen über die EU-Gebäuderichtlinie (EPBD) setzt sich die Bundesregierung für anspruchsvolle Sanierungsquoten ein, möchte jedoch verpflichtende Sanierungen für einzelne Wohngebäude vermeiden und stattdessen auf die Weiterentwicklung bestehender Regelungen im GEG setzen.

2. Anpassungen und Erweiterungen bei der Heizungstausch-Förderung

Die Bundesregierung fördert verstärkt den Umstieg auf klimafreundliche Heizsysteme. Durch die BEG-Sanierungsförderung können Hauseigentümer je nach Einkommen zwischen 30 bis 75 Prozent Unterstützung beim Einbau solcher Anlagen erhalten. Ein besonderer Anreiz, der „Speed-Bonus“, gilt für den Tausch bestimmter alter Heizungen. Er wird 2024 und 2025 von 20 auf 25 Prozent erhöht und in den beiden Folgejahren schrittweise reduziert. Ab 2028 beträgt die Reduzierung dann 3 Prozent pro Jahr.

Zusätzlich wird dieser Bonus auch auf Wohnungsunternehmen sowie Vermieterinnen und Vermieter ausgeweitet. Um die Bauwirtschaft weiter anzukurbeln, wird zudem die Förderung für energieeffiziente Sanierungen angepasst. Sowohl Zuschüsse als auch steuerliche Abschreibungen werden auf 30 Prozent erhöht, sinken jedoch ab 2026 wieder auf ihre ursprünglichen Werte von 15 beziehungsweise 20 Prozent.

3. Neuregelung der Abschreibung bei Wohnneubauten

Die Bundesregierung plant innerhalb des Wachstumschancengesetzes, eine degressive AfA (Absetzung für Abnutzung) von jährlich 6 Prozent für neue Wohnbauten einzuführen, ohne Obergrenzen für Baukosten. Einzige Voraussetzung: Der Neubau muss einen Effizienzstandard von mindestens EH 55 erfüllen und der Baubeginn muss zwischen dem 30.09.2023 und dem 01.10.2029 liegen, wobei das gemeldete Baubeginn-Datum maßgebend ist. 

Es ist zu beachten, dass diese degressive AfA eine Ergänzung zur bereits beschlossenen Erhöhung der linearen AfA sowie zur Sonder-AfA für besonders umweltfreundlichen Mietwohnungsneubau darstellt.

4. Familienfreundlichere KfW-Neubauprogramme

Die KfW-Neubauprogramme „Klimafreundlicher Neubau“ (KFN) und „Wohneigentum für Familien“ (WEF) erfahren weitere Verbesserungen. Im Rahmen des WEF-Programms werden die maximalen Kreditbeträge um 30.000 Euro erhöht. Zudem wird die Einkommensgrenze, welche für den Antrag auf ein zinsvergünstigtes Darlehen entscheidend ist, von bisher 60.000 Euro pro Jahr auf nunmehr 90.000 Euro angehoben. Das ermöglicht einer größeren Anzahl von Familien den Zugang zu diesem Programm.

5. Neues KfW-Programm „Jung kauft Alt“

2024 und 2025 plant die Bundesregierung die Einführung des Wohneigentumsprogramms „Jung kauft Alt“. Dieses ist speziell für den Erwerb von sanierungsbedürftigen Bestandsgebäuden konzipiert und verbindet den Kauf mit einer nach den BEG-Regeln festgelegten Sanierungspflicht. Die Abwicklung erfolgt über die KfW. Um dieses Programm bis 2027 finanziell zu unterstützen, sollen Mittel analog zur bereits etablierten Förderung des „Klimafreundlichen Neubaus/ Wohneigentum für Familien“ (WEF) aus dem Klima- und Transformationsfonds bereitgestellt werden.

6. Senkung der Erwerbsnebenkosten und flexible Grunderwerbsteuer

Die Bundesregierung strebt an, das Wohneigentum für eine größere Zahl von Bürgern zugänglicher zu machen. Ein zentraler Punkt hierbei ist die Verringerung der Erwerbsnebenkosten, da diese im Regelfall aus dem Eigenkapital bezahlt werden müssen und eine erhebliche finanzielle Belastung darstellen, besonders bei den aktuelle stark gestiegenen Zinsen. 

Als konkrete Maßnahme plant die Regierung, den Bundesländern eine flexiblere Handhabung der Grunderwerbsteuer, zum Beispiel durch Freibeträge, zu ermöglichen. Ein erster Vorschlag wurde bereits den Ländern präsentiert, um einen Dialog in diese Richtung anzustoßen. 

Parallel dazu werden Optionen zur erweiterten Besteuerung von sogenannten Share Deals in Erwägung gezogen. Trotz bisheriger Ablehnung durch eine Mehrheit der Länder, die aufgrund deren alleiniger Ertragskompetenz besonders berücksichtigt werden müssen, setzt die Bundesregierung ihre Bemühungen in dieser Angelegenheit fort.

7. Beschleunigter Wohnungsbau durch effizientere Genehmigungsverfahren

Die Bundesregierung hat in den letzten eineinhalb Jahren bedeutende Fortschritte gemacht, um den Wohnungsbau durch verschiedene Gesetzespakete merklich zu beschleunigen. Die Einführung der Digitalisierungsnovelle des BauGB spielte dabei eine entscheidende Rolle, indem sie die Genehmigungsfristen für Bauleitpläne von bisher drei Monaten auf einen Monat reduzierte. Dies ist nur der Anfang eines Bestrebens, die Effizienz der Planung und Genehmigung weiter zu steigern und die Arbeit in den Bauämtern zu entlasten.

Ein wichtiger Schritt in diese Richtung wird die geplante Unterzeichnung eines „Pakts für Planungs-, Genehmigungs- und Umsetzungsbeschleunigung“ zwischen der Bundesregierung und allen 16 Bundesländern sein. In Vorbereitung auf eine bevorstehende Fachkonferenz im November 2023 haben die Länder bereits umfassende Änderungen in den Landesbauordnungen skizziert. Dazu gehören:

  • Bundesweite Gültigkeit und uneingeschränkte Anerkennung von bereits länderseitig erteilten Typengenehmigungen für das serielle und modulare Bauen.
  • Die Dauer von allen Genehmigungsverfahren im Wohnungsbau wird zeitlich begrenzt und es kommt dadurch zur Einführung einer einheitlichen Genehmigungsfiktion von 3 Monaten in allen Landesbauordnungen, befristet bis 2026.
  • Unter bestimmten Bedingungen werden genehmigungsfreie Nutzungsänderungen von Dachgeschossen zu Wohnzwecken, einschließlich der Errichtung von Dachgauben, eingeführt.
  • Vereinheitlichung der Regelungen zu Kfz-Stellplatzanforderungen, insbesondere die Abschaffung der Kfz-Stellplatzpflicht bei Aufstockungen und Ergänzungen im Wohnungsbestand.

8. Initiative für bezahlbaren Wohnraum

Mit dem Ziel, den Bau von bezahlbarem Wohnraum in Regionen mit hohem Wohnraumbedarf zu fördern, plant der Bund die Einführung einer Sonderregelung. Diese Regelung, die sich an § 246 Absatz 14 des Baugesetzbuches (BauGB) orientiert, ist zeitlich begrenzt und wird bis Ende 2026 gelten. Das Bundesministerium für Wirtschaft, Soziales und Bauen (BMWSB) wird die erforderlichen Änderungen im BauGB in Kürze vorantreiben.

9. Neuer Anreiz für die Umwandlung von Gewerbe in Wohnraum

Die sich verändernde Arbeitswelt, beschleunigt durch die COVID-19-Pandemie, hat den Bedarf an Büroflächen und gewerblichen Einheiten erheblich reduziert. Gleichzeitig steigt der Bedarf an Wohnraum stetig an. Vor diesem Hintergrund bietet sich die Möglichkeit, ungenutzte Gewerbeimmobilien in Wohnraum umzuwandeln.

Das Bundesinstitut für Bau, Stadtentwicklung und Raumordnung (BBSR) hat in einer aktuellen Studie darauf hingewiesen, dass durch die Umwandlung von leerstehenden Gewerbeimmobilien bis zu 235.000 neue Wohneinheiten entstehen könnten. Diese Art der Umnutzung spart nicht nur wertvolle Flächenressourcen, sondern auch Baustoffe, was aus ökologischer Sicht von großem Vorteil ist.

Um diese Transformation zu unterstützen, hat die Bundesregierung beschlossen, für 2024 und 2025 ein spezielles KfW-Förderprogramm mit einem Volumen von 480 Millionen Euro ins Leben zu rufen. Dieses Programm soll Eigentümern und Investoren zinsverbilligte Kredite anbieten, die Gewerbeimmobilien nach den BEG-Förderbedingungen in Wohnraum umwandeln möchten. Die Finanzierung des Programms erfolgt über den Klima- und Transformationsfonds (KTF). Mit dieser Maßnahme soll der klimafreundliche Umbau von Immobilien weiter vorangetrieben und gleichzeitig dem Leerstand entgegengewirkt werden.

10. Erhebliche Investitionen in den sozialen Wohnungsbau

Bis zum Jahr 2027 plant die Bundesregierung, den Ländern Programmmittel in einer beeindruckenden Höhe von 18,15 Milliarden Euro für den sozialen Wohnungsbau bereitzustellen. Das Besondere daran: Die Länder setzen ihrerseits Mittel ein und kofinanzieren das Vorhaben. Jeder vom Bund investierte Euro zieht gegenwärtig etwa 1,50 Euro von den Ländern nach sich. Wenn man diese Komplementärfinanzierung fortführt, werden bis 2027 insgesamt rund 45 Milliarden Euro auf gesamtstaatlicher Ebene in den sozialen Wohnungsbau fließen.

11. Neue Leitlinie und Prozessempfehlung für Gebäudetyp E

Um das Bauen einfacher, schneller und kostengünstiger zu gestalten, wird der Gebäudetyp E in den Vordergrund gerückt. Hierzu sollen Vertragspartner flexibler planen können, auch abseits teurer Standards. Änderungen der Musterbauordnung und der Landesbauordnungen sind durch die Länder geplant. Die Bundesregierung will in Absprache mit den Partnern noch in diesem Jahr eine “Leitlinie und Prozessempfehlung Gebäudetyp E” präsentieren, um rechtssicheres und vereinfachtes Bauen zu gewährleisten.

12. Weiterführung BImA-eigener Grundstücke

Die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA) spielt eine zentrale Rolle bei der Bereitstellung von Bauland für öffentliche und soziale Wohnbauprojekte. Sie wird ihre Praxis, eigene Grundstücke vergünstigt abzugeben, über das Jahr 2024 hinaus um weitere fünf Jahre verlängern. Dies bietet Kommunen wertvolle Anreize, um zusätzliche Baulandentwicklungen voranzutreiben.

Angesichts der aktuellen Wirtschaftslage auf dem Grundstücksmarkt und den steigenden Baukosten gibt es Überlegungen, den Verbilligungsbetrag von 25.000 Euro pro neuer Sozialwohnung auf 35.000 Euro zu erhöhen, was einem Plus von 40 Prozent entspricht. Auch für andere öffentliche Zwecke könnte das Verbilligungsvolumen um jährlich 10 Millionen Euro steigen.

Ein weiterer Vorschlag, der derzeit geprüft wird, betrifft Erbbaurechte. Die Bundesregierung prüft dabei, ob es der BImA ermöglicht werden könnte, bei der Bestellung von Erbbaurechten für soziale Wohnbauflächen den jährlichen Erbbauzins auf der Grundlage eines verbilligten Verkehrswerts zu berechnen.

13. Anpassungen bei Lärmrichtwerten

Eine bedeutende Neuerung steht im Bereich des Lärmschutzes bevor. Die Bundesregierung plant, innerhalb der TA Lärm mittels einer sogenannten Experimentierklausel die Lärmrichtwerte anzupassen. Das betrifft speziell Fälle, in denen Wohnbebauungen näher an gewerbliche Betriebe heranrücken. Über die Umsetzung dieser Klausel hat die jeweilige Gemeinde im Rahmen ihres Bebauungsplans das letzte Wort. Die Bundesregierung stellt dabei klar, dass sonstige Möglichkeiten der planerischen Lärmkonfliktbewältigung in der Bauleitplanung durch die Experimentierklausel nicht ausgeschlossen werden.

14. Einführung der Neuen Wohngemeinnützigkeit

2024 bringt weitere Neuerungen für den Wohnsektor. Die Bundesregierung plant die Einführung der Neuen Wohngemeinnützigkeit. Ziel ist es, sowohl bei Neubauten als auch im Bestand langfristige Sozialbindungen zu etablieren und damit ein zusätzliches Marktsegment zu schaffen. Zur Realisierung dieses Vorhabens sind sowohl Investitionszuschüsse als auch steuerliche Vorteile im Gespräch.

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Dann kommen Sie gerne auf uns zu – wir stehen Ihnen persönlich zur Verfügung unter:

Telefon: 0711 – 88 200 780
E-Mail: info@tolias-immobilien.de

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